Ihren Standpunkt vertreten sie, auch wenn sich im Publikum Widerstand regt. Sie rollen mit den Augen, wenn ein Diskutant eine andere Meinung äußert. Sie haben die großen Zusammenhänge im Blick, aber auch das Wohl ihrer Stadt. Und trotzdem reden sie noch nicht ganz so floskelhaft wie die Parteikollegen in Berlin, in Stuttgart oder im Mannheimer Gemeinderat. Bei der Podiumsdiskussion des „Mannheimer Morgen“ und des Rings Politischer Jugend (RPJ) trafen gestern die Vertreter von vier politischen Jugendorganisationen in der Aula des Karl-Friedrich-Gymnasiums (KFG) aufeinander und debattierten über die Themen, die Jugendliche interessieren – über Wirtschaft, Bildung, Integration und das Leben in Mannheim.Bis auf den letzten Platz besetzt ist die Schulaula im KFG. Die meisten Schüler folgen der Diskussion unter der Leitung von „MM“-Redakteur Heiko Brohm interessiert und bedenken die Jungpolitiker häufig mit Beifall, wenn eine Äußerung ganz in ihrem Sinne ist. Dabei sind keine klaren Vorteile auszumachen: Die linke und die rechte Seite ernten gleichermaßen Lacher und Applaus. Aber die Themen der Schüler in der Fragerunde sind eindeutig: Einige klagen über das achtjährige Gymnasium (G8) und das Lern-Pensum. Obwohl das kein kommunales Thema ist, gestehen die Gemeinderats-Kandidaten Nikolas Koch-Löbel (CDU) und Sebastian Wüste (FDP) zu, dass die Umsetzung schlecht gewesen sei. „Wir werden uns bei unseren Parteien in Stuttgart dafür einsetzen, dass es besser wird“, sagt Wüste. Auch die Stadt müsse ihren Teil dazu beitragen, mahnt Lena Kamrad (SPD): „Wer G8 will, muss die Voraussetzungen dafür schaffen. Die Stadt muss die Sanierung der Schulen vorantreiben.“Die Kandidaten hätten genau das verkauft, wofür ihre Parteien stehen, meint der Zwölftklässler Kai Weissmann, 16 Jahre alt. Vor allem bei der Frage nach der Wirtschaftskrise und den Möglichkeiten der Stadt, die Situation zu verbessern, hören die Schüler nicht viel Neues. Lena Kamrad und Bertram Fischer (Grüne) sehen für Steuersenkungen in Zeiten der Krise keinen Spielraum. Langfristig solle die Stadt die Gewerbesteuer senken, um Investitionen zu fördern, meinen dagegen Nikolas Koch-Löbel und Sebastian Wüste.Leidenschaftlicher wird diskutiert, als es um Themen geht, die die Jugendlichen direkter betreffen, wie die Video-Überwachung an Schulen: Koch-Löbel hätte – wenn es keine rechtlichen Probleme gäbe – nichts gegen Video-Kameras, „wenn eine Schule das will“. Für den falschen Ansatz hält das Bertram Fischer: Man löse das Problem damit nicht, man verschiebe es nur: „Die Schule sollte den Jugendlichen erziehen und sozial fördern, so dass er keine Scheiben mehr eintritt.“Thomas C. Walter, Vorsitzender des RPJ, freut sich über die facettenreiche und kontroverse Diskussion. In einem Punkt sind sich die Kandidaten gegen Ende aber doch einig: Jugendliche bräuchten mehr Plätze in der Stadt, an denen sie sich treffen und zum Beispiel grillen können – das Neckarvorland etwa. „Da müssen wir eher gemeinsam die älteren Herren im Rat überzeugen“, erklärt der Jungliberale Wüste.
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- Mannheimer Morgen, 13. Mai 2009 (von Barbara Klauß und Fabian Busch)