In den meisten Punkten sind die Politiker sich einig, was das Beste für den Stadtteil ist. Eine wirkliche Diskussion kommt beim Podiums-Gespräch „90 Minuten – Zukunft Neckarstadt“ im Gemeindehaus der Lutherkirche nicht zustande. Sechs Vertreter von Parteien, die im Gemeinderat sind, hatte das Diakonie-Forum Sozialpolitik eingeladen, damit sie vor der Kommunalwahl am 7. Juni ihre Ideen für die Neckarstadt austauschen konnten.Das Neckarvorland soll zum Naherholungsgebiet werden und für jeden frei zugänglich sein, dem stimmen alle Politiker auf der Bühne zu: Klaus Hertle (CDU), Gabriel Höfle (SPD), Gabriele Thirion-Brenneisen (Grüne), Dr. Elke Wormer (FDP), Dr. Gerhard Schäffner (Bürgerunion) und Roland Schuster (Linke). Auch dass das historische Alte Volksbad erhalten bleiben soll, scheint unumstritten. Man könne hier Kreative ansiedeln, meinen Thirion-Brenneisen und Höfle, einen Ausstellungsraum stellt sich Wormer vor, von einem Heimatmuseum spricht Hertle.Nur am Alten Bahnhof scheiden sich die Geister. Die Grünen wollen die alten Platanen retten, beim sanierungsbedürftigen Gebäude sei eine Entscheidung schwieriger. Höfle wünscht sich ein neues Gebäude, am liebsten für eine Zentral-Bibliothek. Auch Hertle kann sich ein neues Gebäude vorstellen. Hier müsse man prüfen, was wirtschaftlich sinnvoll sei, meint Wormer.Beim Thema Bildung herrscht wieder große Übereinstimmung. 55 Prozent der Viertklässler in der Neckarstadt hätten eine Empfehlung für die Hauptschule, sagt Peter Hübinger, Direktor des Diakonischen Werkes, der das Gespräch moderiert. Die Lösung dieses Problems sehen alle Parteien-Vertreter in der Umwandlung von Schulen in Ganztagsschulen. Allerdings sei das kein Allheilmittel. Mehr Erzieher und Sozialarbeiter fordern Wormer und Schuster. Mehr Personal wünscht sich auch Höfle. Nur Schäffner hält dagegen: Die Mannheimer sollten selbstbestimmt leben, meint er: „Es gibt immer mehr Sozialarbeiter in Mannheim und wir bewegen uns nicht vom Fleck.“ „Populist“, ruft ein Mann aus dem Saal.Gesittet beantworten die Kandidaten der Reihe nach Hübingers Fragen. Ab und zu mischt sich ein Stadtrat aus dem Zuschauerraum ein: Thomas Hornung (Grüne) und Reinhold Götz (SPD) tragen ihre Wahlprogramme vor, Gudrun Kuch (Linke) spricht über Chancengleichheit.Bürger haben andere SorgenWas den Bürgern wirklich am Herzen liegt, demonstrieren sie in der Fragerunde. Lebensqualität im Stadtteil hänge von kleinen Dingen ab, meint ein junger Mann im Publikum: „Ich hätte lieber einen Baum vor meinem Haus als einen Parkplatz.“ Die Mittelstraße sei karg, Fahrradwege seien in Parkplätze umgewandelt worden, sagt er und erntet Beifall. „Der Stadtteil verdreckt völlig“, wirft Ingrid Bormann-Farago, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates Herz-Jesu, ein. Die Stadt solle erst die Straßen saubermachen, dann könne man über Gebäude-Sanierung nachdenken. Die Vertreter von FDP und Bürgerunion geben die Verantwortung an die Neckarstädter zurück: Gehwege müssten sie selbst reinigen und ihre Mitbürger darauf hinweisen, die Straßen sauber zu halten, meint Wormer. „Das ist auch eine Frage der Erziehung“, pflichtet Schäffner bei. Schuster fordert dagegen, dass die Müllabfuhr mehr Leute einstellen müsse. Die Sozialstruktur in der Neckarstadt könne sich nur verbessern, wenn die Infrastruktur und die Wohnqualität stimme, fügt Hertle hinzu. „Das liegt auch an Kleinigkeiten wie Sauberkeit.“ Rita Lampart ärgert sich über die Versprechen, die die Politiker bei solchen Veranstaltungen machten. Nach den letzten Wahlen habe sich nichts geändert: „Im Gegenteil, seit den 90er Jahren ist es immer schlechter geworden. Wir haben keinen Metzger und keinen Bäcker mehr.“ Es gebe nur noch Friseur-Salons und Wettbüros. Auch hier sind sich die Politiker einig: Diese Probleme betreffen nicht nur die Neckarstadt, sondern die ganze Stadt.
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- Mannheimer Morgen, 20. Mai 2009 (von Barbara Klauß)