Mannheim. Die Quadratestadt wird voraussichtlich mit vier Abgeordneten im neuen Bundestag vertreten sein. Lange Jahre war der Wahlkreis Mannheim für die Sozialdemokraten reserviert, gestern Abend ist die rote Bastion nach 1994 zum zweiten Mal gefallen. Und wie vor 15 Jahren holte Prof. Dr. Egon Jüttner für die CDU direkt den Wahlkreis 275, der 67-jährige Hochschullehrer erreichte 36,5 Prozent (2005: 37,4 Prozent) und gehört damit wie schon von 1990 bis 1998 und 2002 bis 2005 erneut dem Bundestag an. Der DGB-Kreisvorsitzende Stefan Rebmann (SPD) kam nur auf 30,2 Prozent der Erststimmen und kann trotz 24,7 Prozent der Zweitstimmen angesichts des katastrophalen Ergebnisses seiner Partei im Land kaum noch hoffen, über die Landesliste in das Bundesparlament einzuziehen.
Dagegen wird wie bereits 2005 Dr. Gerhard Schick (Grüne) über die Landesliste nach Berlin einziehen, der 37-jährige Volkswirt erreichte 13,6 Prozent der Zweitstimmen (2005: 10,8 Prozent). Auch Dr. Birgit Reinemund (FDP) legte gegenüber 2005 (10 Prozent der Zweitstimmen) noch einmal zu, die 50-jährige Unternehmerin holte 15 Prozent der Zweitstimmen. Für die Linke steigerte Michael Schlecht das Ergebnis von 2005 (6,6 Prozent der Zweitstimmen) ebenfalls, der 58-jährige Chef-Volkswirt der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di erreichte 11,3 Prozent der Zweitstimmen und ist damit der vierte Abgeordnete aus Mannheim im Bundestag. Enttäuschend war wieder einmal die Wahlbeteiligung. Mit 67,6 Prozent lag sie noch unter der sowieso schon schwachen von 2005 mit 73,7 Prozent.
Wahlsieger Jüttner führte seinen Erfolg auf seine Erststimmenkampagne zurück. Er habe bei der Wahl zum Gemeinderat im Juni, wo er das beste Einzelstimmenergebnis aller angetreten Bewerber geholt hatte, seinen Beliebtheitsgrad gesehen und musste, da er auf der Landesliste nicht abgesichert war, diese Karte ziehen.
Schon nach knapp der Hälfte der ausgezählten 182 Wahlbezirke hatte der 47-jährige Stefan Rebmann seine Niederlage eingestanden und seinem Konkurrenten Egon Jüttner zum Erfolg gratuliert. Das Ergebnis ist frustrierend angesichts von 464 Wahlkampfeinsätzen in jüngster Zeit. Allerdings sei die Zeit für ihn doch wohl zu kurz gewesen, sich bekannt zu machen und etwas aufbauen zu können. Der SPD sei es darüber hinaus nicht gelungen, die eigenen Leute zu mobilisieren.
Freude herrschte natürlich bei Gerhard Schick. Er habe sein Erststimmenergebnis gegenüber 2005 fast verdoppelt, was er als persönliches Kompliment auffasse. Dabei hätten die Grünen keinerlei Erststimmenkampagne gestartet. Er werde in Berlin weiterhin seine wirtschaftliche Kompetenz einsetzen und soziale und ökologische Politik machen. Darüber hinaus gelte es, künftig eine starke Opposition gegen schwarz-gelb zu stellen.
Nach ihrem knappen Scheitern vor vier Jahren strahlte Birgit Reinemund. Wir von der FDP haben nicht nur im Bund, sondern auch in Mannheim das beste Ergebnis in unserer Geschichte geholt. Natürlich habe man vom Bundestrend profitiert, aber wir haben schon in den vergangenen Jahren in Mannheim stetig zugelegt, sind mittlerweile breiter aufgestellt und haben auch seit dem Sommer erstmals Fraktionsstärke im Gemeinderat. Sehr zufrieden zeigt sich auch Michael Schlecht (Linke) über das Ergebnis. Sein Erststimmenergebnis sei das Beste in ganz Baden-Württemberg. Er wolle die sozialen Verhältnisse insgesamt und vor allem in Mannheim verbessern.