Stadt und Gemeinderat haben gestern bereits geplante und veranschlagte Investitionen von über 51 Millionen Euro gestoppt, um drohende Haushaltslöcher für 2009 zu stopfen. Die Stadträte beschlossen eine Liste mit über 60 „Haushaltsresten“, die in diesem Jahr nicht mehr finanziert werden. „Eine buchhalterische Aktion“, versicherten alle. Nur so könne im laufenden Jahr das Defizit von über 40 Millionen Euro gedeckt werden. „Alle laufenden Projekte werden durchgeführt. Was noch nicht begonnen wurde, wird 2010/2011 neu veranschlagt“, sagte Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz. Der Beschluss sei aber keine Entscheidung über einen grundsätzlichen Verzicht auf die bereits in der Finanzplanung fixierte Investition.
Lange Liste „Haushaltsreste“
Ein Haushaltsrest betrifft eine Million Euro für den geplanten Erwerb eines Feuerlöschbootes, ein anderer 350 000 Euro für die Instandsetzung der Seckenheimschule, ein dritter 500 000 Euro für die Reparatur des Daches der Eissporthalle im Herzogenried. Die Sanierung der Kunsthalle steht beispielsweise mit 1,7 Millionen Euro ebenso auf der langen Liste wie die 1,3 Millionen Euro für die Grunderneuerung der Waldstraßenbrücke auf dem Waldhof oder 2,5 Millionen Euro für das Herschelbad. In der Regel geht die Stadtverwaltung davon aus, dass diese Summen im laufenden Jahr sowieso nicht mehr ausgegeben werden können und so Ende 2009 als „Haushaltsrest“ anfallen würden.
SPD-Fraktionschef Dr. Stefan Fulst-Blei legte besonderen Wert auf die Feststellung, dass es sich hier um keine „Streichliste“ handle. Darüber müssten die Betroffenen, ob Schule, Stadtteile, Vereine oder Feuerwehr, ausdrücklich informiert werden. Dirk Grunert (Grüne) erklärte, der Beschluss über die Verwendung der Haushaltsreste zur Deckung des Defizits sein „keine politische Entscheidung“. Die Finanzkrise habe Mannheim erreicht, deshalb müsse jetzt buchhalterisch reagiert werden.
„Noch ist nichts gestrichen“, betonte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Carsten Südmersen. Der Gemeinderat müsse sich aber bei den Etatberatungen im kommenden Jahr darüber klarwerden, welche Projekte zeitlich gestreckt – und möglicherweise vielleicht auch ganz gestrichen werden. Es gebe keine Garantie, dass die jetzt gestoppten Maßnahmen auf jeden Fall alle im Haushaltsplan 2010/2011 auftauchen. Ähnlich äußerte sich Dr. Elke Wormer (FDP): „Wir werden uns bei den Beratungen über den neuen Haushalt unterhalten müssen, welches Projekt wir schieben oder aber auch ganz streichen müssen.“
Heftige Vorwürfe richtete am Schluss der Debatte Rolf Dieter (ML) gegen den Oberbürgermeister: „Sie haben den Tanker weiter fahren lassen, ja sogar noch Gas gegeben, obwohl die Auswirkungen der Krise schon Ende 2008 bekannt waren.“ Als Beispiel „für Dinge, die man nicht hätte machen müssen“, nannte Dieter die Finanzierung der Strandbad-Gaststätte. Kurz verteidigte sich ebenso vehement, die Ausgaben zum Beispiel über das Konjunkturprogramm seien „volkswirtschaftlich richtig und ein wichtiger Stabilitätsfaktor“ gewesen.