Die prekäre Finanzlage der Stadt macht Verwaltung und Politik gleichermaßen nervös. Im Hauptausschuss des Gemeinderates gerieten jetzt nicht nur die Parteienvertreter heftig aneinander. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz und die Stadtspitze bekamen ordentlich Schelte ab. Zum Beispiel beim Quartiermanagement, wo eine Vorlage für eine Neukonzeption bei Grünen und SPD auf wenig Zustimmung stieß. Und auch bei der EU-Förderung für kleine Unternehmen der Kreativwirtschaft (KREATEC-Zuschussprogramm) sowie einem Beteiligungsfonds für Anfangsfinanzierungen fühlten sich die Genossen nicht ausreichend informiert. Fragen nicht beantwortet, Vorlagen unvollständig, Fachausschüsse nicht eingebunden: So lauteten einige Vorwürfe an die Adresse der Verwaltung.
In den Gemeinderat vertagt
Dicke Luft und ein Drunter und Drüber also im Stadthaus: Gleich mehrere Tagungsordnungspunkte wurden zum Ärger des Oberbürgermeisters in den Gemeinderat am 22. Dezember oder gleich in die Etatberatungen Anfang März vertagt. Anfang kommender Woche muss Kurz in seiner Etatrede auch klar sagen, was sich die Stadt in den nächsten Jahren noch leisten kann. Vorher tappe man eben im Dunkeln, könne sich kein gescheites Bild vom gesamten Anforderungskatalog machen, kritisierte SPD-Fraktionschef Dr. Stefan Fulst-Blei – Beteiligungsfonds und EU-Förderprogramm hin oder her.
Während CDU-Fraktionschef Carsten Südmersen den Sozialdemokraten „Rumgeeier“ in Sachen KREATEC vorwarf, warnte Kurz seine Parteifreunde: „Es ist widersinnig, dies jetzt nicht zu realisieren.“ Die Fördergelder, die die Stadt immerhin mit insgesamt 690 000 Euro mitfinanzieren muss, müssten schnellstens beantragt werden, bezeichnete Wirtschafts-Dezernent Michael Grötsch ein Vertagen als „grob fahrlässig“ – was prompt Proteste auslöste.
Wenig zufrieden äußerten sich die Genossen zum Quartiermanagement. Nach Workshops mit den Trägern will die Stadt die Zahl der Projekte künftig auf fünf sowie die Laufzeit auf maximal zweimal vier Jahre begrenzen. Außerdem beansprucht sie das Sagen für sich – allerdings ohne einen nennenswerten finanziellen Beitrag zu leisten, kritisierte SPD-Stadtrat Reinhold Götz das neue Konzept als unzureichend. „Wir sehen da Nachbesserungsbedarf“, sagte Gabriele Thirion-Brenneisen (Grüne). Kriterien und jeweilige Trägerschaft seien unklar. Kurz, der 2007 im Wahlkampf eine Ausweitung der integrierten Netzwerkarbeit in Aussicht gestellt hatte, verteidigte nun deren Begrenzung. Außerdem sei derzeit „nicht überall, wo Quartiermanagement draufsteht, auch Quartiermanagement drin“. Im Übrigen habe man Eckpunkte mit den Trägern besprochen, weigerte er sich, die Vorlage nochmals „umzuschmeißen“.
Offene Fragen auch beim Bildungskonzept aus einem Guss: In Zukunft soll die Ganztagsschule vor Ort als zentraler Dreh- und Angelpunkt für sämtliche pädagogischen Betreuungsangebote dienen. Die Verwaltung will dazu die in Jugendhäusern verbliebenen Horte schrittweise an die Schulen verlagern und eine neue Abteilung „schulische Pädagogik“ einrichten. Dies hatte allerdings nicht nur hinter den Rathauskulissen zu Auseinandersetzungen geführt. Auch bei den Eltern vor Ort in den Quartieren herrsche ziemliche Verunsicherung, kritisierte Birgit Sandner-Schmitt (FDP). Carsten Südmersen bezeichnete die Übergangslösung als „suboptimal“. SPD und Grüne beantragten daher, das Thema zunächst in den Fachausschüssen zu diskutieren – was zu einer General-Schelte des OB an die Adresse der Politik führte. Er warf den Parteien vor, sich in der Sache nicht klar zu positionieren und forderte sie auf, zu sagen, wie sie die Bildungspolitik organisieren wollen.