Mannheimer Morgen, 19. Februar 2010 (von Thorsten Langscheid)

Die Zeche müssen am Ende die Familien bezahlen – nach „MM“-Berechnungen belastet der Etat-Entwurf von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz eine durchschnittliche Familie mit mehr als 600 Euro zusätzlich pro Jahr – entsprechend heftig ging“s am Donnerstagabend beim „MM“-Bürgerforum zur städtischen Finanzpolitik im vollen Saal der Abendakademie in U 1 zur Sache.

Doch bevor Dr. Stephan Wolf und Heiko Brohm von der Lokalredaktion die Diskussion eröffneten, nutzten Jugendliche aus der Westlichen Unterstadt die Chance, dem Stadtoberhaupt und den Politikern des Gemeinderats ihren Ärger über die Rotstiftpolitik des Rathauses persönlich kundzutun.

Sindi Cekeli und Juan Geck überreichten 771 Unterschriften von jungen Mannheimern, die sich für den Erhalt ihres von Einsparungen bedrohten Jugendtreffs einsetzen. Ob der Protest der Betroffenen den Oberbürgermeister und die Stadträte genau so zum Einlenken bewegt wie vor vier Wochen, als auf dem Almenhof die Bürgerschaft den Aufstand gegen Verkaufs- und Baupläne am 48er-Platz probte? Die Fraktionschefs Dr. Stefan Fulst-Blei (SPD), Carsten Südmersen (CDU), Wolfgang Raufelder (Grüne), Volker Beisel (FDP) sowie die Stadträte Rolf Dieter (ML) und Thomas Trüper (Die Linke) zeigten sich in der Diskussion um die Finanzkrise jedenfalls bemüht, auch positive Botschaften herüber zu bringen.

Doch wo und wie soll die Stadt sparen? Wie viel sollen Eltern in Zukunft für die Betreuung ihrer Kinder bezahlen? Sollen Hausbesitzer und Mieter bei der Grundsteuer tiefer in die Tasche greifen, sollen Jugendhäuser personell abgespeckt werden? „Wir sind froh, dass der Oberbürgermeister gerade nicht nach dem Rasenmäher-Prinzip vorgeht“, verteidigte SPD-Chef Fulst-Blei die im Haushaltsstrukturprogramm vom OB vorgegebene Linie.

Das Sparpaket, so schloss sich Wolfgang Raufelder für die Grünen an, werde auch von seiner Partei in den Eckpunkten akzeptiert. CDU-Chef Südmersen forderte dagegen einen strengeren Sparkurs zum Beispiel bei den Personalkosten. Eine Erhöhung der Grundsteuer, wie vom OB geplant, sei dann womöglich gar nicht mehr notwendig. Im letzten Jahr, so fügte Rolf Dieter von der ML an, habe sich die Stadt noch einmal einen „kräftigen Schluck aus der Finanzpulle genehmigt, obwohl wir die Eisberge der Finanzkrise bereits auf uns zukommen sahen“.

Steuererhöhungen sind ein „notwendiges Instrument, um Teile der Schäden zu reparieren, die die Krise verursacht hat“, setzte sich Thomas Trüper für höhere Grund- und Gewerbesteuern ein, bei den Bereichen Bildung und Soziales könne nicht gespart werden. Volker Beisel (FDP) meint dagegen, solange sich die Stadt 1,5 Millionen Euro für den Kirchentag und 2,8 Millionen für das deutsche Turnfest leistet, könne die finanzielle Situation so schlecht nicht sein: „Hier könnte man viel Geld sparen!“

Oberbürgermeister Kurz verteidigte sein Sparpaket, auf das er zur Umsetzung seiner Ziele in den Bereichen Bildung, Kinder, Kultur und Wirtschaftsförderung nicht verzichten könne: „Wir brauchen Einsparungen, Steuererhöhungen, neue Kreditaufnahme und den Verkauf von Vermögen, um die gewaltigen Defizite auszugleichen“. Bis 2013 fehlen insgesamt rund 352 Millionen Euro im städtischen Etat.