O 4, 4: LBBW Immobilien Development stellt in frostiger Atmosphäre Neubaupläne vor / Verein Stadtbild kämpft weiter um den Erhalt des Schmuckstücks
Von unserem Redaktionsmitglied Susanne Räuchle – Mannheimer Mrogen, 08.02.2012
Die Stimmung ist frostig, die Raumtemperatur liegt bei gefühlten zehn Grad. Man muss sich warm anziehen als Gast in der nahezu ungeheizten BW-Bank in O 4, 4. Doch das Reiz-Thema beschleunigt den Puls der Zuhörer und befeuert die Diskussion: Es geht um den Abriss des alten Bankpalais, um den Verlust der letzten barocken Reminiszenz an den Planken. Und es geht um den geplanten Neubau einer Handelsimmobilie, den die „LBBW Immobilien Development“ trotz der massiven Proteste der Mannheimer im Herzstück der City hochziehen will.
Die Projektentwickler wollen der interessierten Öffentlichkeit die Zukunftsvisionen in schönen Farben vorstellen. Allein all das Mühen ist vergeblich. Der Verein Stadtbild, der Gestaltungsbeirat der Stadt, die Anwohner, eine ganze Reihe prominenter Architekten und Lokalpolitiker stehen fest zu ihrer Meinung: Das Schmuckstück – egal ob original oder Nachbau, ob denkmalgeschützt oder nicht – muss erhalten bleiben, hat als identitätsstiftendes und stadtbildprägendes Bauwerk einen Stellenwert, der höher ist als jede Traufkante.
Dabei geben die Projektentwickler der LBBW-Tochter, Frank Berlepp und Christian Sailer, sowie Architekt Dieter Blocher und Professor Wilfried Wang als Ästhet und Denkmalskundler ihr Bestes. Sie reden mit Engelszungen auf das Publikum ein, und malen den Teufel an die Wand, loben die wegweisenden Pläne eines Pyramiden-Neubaus, und warnen zugleich vor dem Versuch, die barocke „Lochfassade“ zu erhalten oder nachzubauen.
Eine Alibi-Veranstaltung?
Fast unmöglich sei es, so einen „introvertierten“ Bau mit kleinen Fenstern als attraktives Handelshaus zu betreiben. Es bestünde dann die akute Gefahr, dass sich Ein-Euro-Shops festsetzten, womöglich das Rotlichtmilieu in O 4, 4 ein Bein in die Tür bekäme. Ein Panik-Argument, das mit Gelächter und Gemaule quittiert wird: „Unter jedem Niveau, was da verzapft wird, das lässt schon das Baurecht nicht zu!“, meldet sich ein Genervter. Und das Gefühl wird laut, dass hier eine „Alibi-Veranstaltung über die Bühne geht“, um mit Augenwischerei das aufgebrachte Gemüt der Mannheimer zu beruhigen. Die LBBW wolle nur mit Scheinargumenten die Unmöglichkeit eines Erhaltes der O 4-Fassade beweisen, dabei sei nur ein Grund ausschlaggebend – nämlich der höhere Profit eines Neubaus.
Dr. Lothar Stöckbauer als Vorsitzender des Vereins Stadtbild appelliert an die regionale Verantwortung der LBBW, an ihren gesellschaftlichen Auftrag und das kulturelle Engagement. Ein Neubau-Projekt nun womöglich an einen Investor aus China meistbietend zu verkaufen, das klinge zunächst wie ein kluger Schachzug, am Ende zähle jedoch der Imageschaden für die LBBW höher. Auch Lutz Pauels, Geschäftsführer der Werbegemeinschaft Mannheim-City, steht auf für den Erhalt der barocken Fassade, der Bau sei durchaus zu vermarkten, so der Kenner der Einzelhandelsszene. Und die Stadträte Steffen Ratzel (CDU), Volker Beisel (FDP) und Prof. Dr. Achim Weizel (ML) melden ebenso Bedenken gegen den Neubau an wie Landtagsabgeordnete Helen Heberer, die sich auf politischer Ebene starkmachen will. Vor allem die Architekten Professor Helmut Striffler, Andreas Plattner, Andreas Knaupp und Winfried van Aaken vom Gestaltungsbeirat beziehen deutlich Stellung für den barocken Erinnerungswert.
Am Ende löst sich die eisige Vorstellung, bei der es doch heiß herging, in Missfallen auf. Eine Übereinkunft ist unmöglich. Der Verein Stadtbild und seine Mitstreiter geben den Kampf um O 4, 4 noch nicht verloren.