Nationaltheater: Noch keine Festlegung in den Fraktionen auf „Stuttgarter Modell“ / Abschiedsfeier für Gerber geplant
Mannheimer Morgen, 16. Mai 2012 – Von unserem Redaktionsmitglied Peter W. Ragge
Mehr Fragen als Antworten haben derzeit die Parteien, wenn es um die Zukunft des Nationaltheaters geht. Keine der Fraktionen hat bisher entschieden, wie und durch wen das Haus nach dem Abschied von Generalintendantin Regula Gerber geführt werden soll. „Nur bitte nicht schon wieder ein neues Theater-Logo kreieren und bitte insgesamt weniger Schließtage“, meinte spontan Peter Baltruschat, Sprecher für die SPD im Kulturausschuss.
„Ob Doppelspitze oder Stuttgarter Modell – es ist richtig und wichtig. jetzt über eine Strukturveränderung der Nationaltheater-Führung nachzudenken“, so Baltruschat. Dabei sei er, „auf jeden Fall für eine strikte Trennung von Kunst und Zahlen, egal ob mit einem oder mehreren gleichberechtigten künstlerischen Intendanten“, so der Stadtrat.
„Für alles aufgeschlossen“ ist nach den Worten von CDU-Stadtrat Jens J. Kirsch die CDU-Fraktion: „Wir haben darüber noch gar nicht geredet“, so Kirsch. Man wolle jedoch „keine Struktur, die eine Schwächung des Nationaltheaters bedeuten könnte“. „Nur aus Kostengründen die Position des Generalintendanten wegfallen lassen – das machen wir nicht mit“, betont Kirsch. Man könne aber sonst „über alles in Ruhe reden“.
Nach Ansicht von Gerhard Fontagnier sollte sich das Nationaltheater „weiter öffnen und verändern“. „Die Rolle der Spartenleitungen zu stärken wäre ein guter Schritt in diese Richtung“, so der Stadtrat der Grünen: „Dies kann auch helfen, das Haus weiter zu öffnen für Bevölkerungskreise, die bisher nicht die Schwelle des Hauses übertreten haben.“ Zugleich regte er an, die Zusammenarbeit der Theater Ludwigshafen, Heidelberg und Mannheim zu verstärken und die freie Szene einzubeziehen: „Eine öffentliche Diskussion im Theater selbst wäre wünschenswert“, so Fontagnier.
„Interessant und prüfenswert“ findet Volker Beisel, der Vorsitzende der FDP-Fraktion, die Überlegungen für eine neue Führungsstruktur. „Wir müssen uns aber erst einmal informieren und wollen uns noch nicht festlegen“, erklärte er. „Das Stuttgarter Modell hat sich mit den dort handelnden Personen bewährt, wir sollten in den nächsten Wochen prüfen, ob oder inwieweit es sich auf die Mannheimer Situation übertragen lässt“, meinte Prof. Dr. Achim Weizel, der Vorsitzende der ML-Fraktion: Er will aber „alle denkbaren Organisationsmodelle“ prüfen.
„Wir würden uns sehr wünschen, dabei gehört zu werden und beratend mitgestalten zu können“, erklärt dazu Ensemblesprecher Thomas Berau – und ließ durchblicken, dass Ensemble und Personalrat zuletzt von der Stadt zu wenig einbezogen worden seien. Er bedauerte, dass sich Gerber zum endgültigen Rückzug gezwungen sehe. „Aber weiteres Abwarten hätte dem Haus geschadet, da jetzt Weichen für die weitere Entwicklung zu stellen sind und es zuletzt schon Führungsdefizite gab“, so der Opernsänger.
Im Rathaus plant man in jedem Fall eine offizielle Verabschiedung von Gerber – „nach der Gesundung“, wie es heißt. Ihr bisheriger Stellvertreter Lutz Wengler soll zum 1. Juli zum kommissarischen Nachfolger ernannt werden, da er „mit hoher Einsatzbereitschaft den Betrieb des Nationaltheaters leitete und den Laden zusammenhielt“, so Fontagnier: „Er ist der geeignete Mann, dies auch in der Übergangsphase zu tun“ – was auch viele seiner Kollegen so sehen.