Bildung: Stadt nimmt Pläne zum mittelfristigen Ende von drei Werkrealschulen zurück / Kurz will umfassenderen Ansatz im kommenden Jahr
Von unserem Redaktionsmitglied Fabian Busch / © Mannheimer Morgen, Mittwoch, 19.12.2012
Abfinden wollen sie sich mit den Plänen nicht. Deshalb gaben Lehrer der Pestalozzischule den Mannheimer Stadträten gestern Nachmittag ihre Wünsche und kleine Flugzettel mit auf den Weg in den Ratssaal. „Ja zur Sanierung der Pestalozzischule“ stand darauf. Und: „Nein zur Schließung der Werkrealschule“. Zu diesem Zeitpunkt wussten sie noch nicht, dass die Proteste von Kollegien, Elternvertretern, Bezirksbeiräten und vielen Stadträten bereits Wirkung gezeigt hatten: Die angedachte Schließung von drei Werkrealschulen ist vom Tisch. Vorerst. Eine entsprechende Beschlussvorlage zur Gemeinderatssitzung zog die Stadtverwaltung gestern teilweise zurück.
Die Stadt hatte ursprünglich geplant, an drei kombinierten Grund- und Werkrealschulen in der Stadt (Pestalozzi-, Friedrich-Ebert- und Schillerschule) die anstehenden Investitionen auf den Grundschulbereich zu beschränken. Faktisch hätte das bedeutet, dass die Werkrealschulen an diesen Standorten in den kommenden Jahren ausgelaufen wären. Schon in der Sitzung des Bildungsausschusses in der vergangenen Woche hatten Stadträte sowie Vertreter von Schulen und Eltern kritisiert, man könne eine solche Entscheidung nicht übers Knie brechen, und mehr Zeit gefordert.
„Wichtige Integrationsfunktion“
Die will Oberbürgermeister Peter Kurz jetzt einräumen. Er sagte, man werde die Frage nach der Zahl der Schulstandorte in der Stadt im kommenden Jahr ausweiten – und alle weiterführenden Schulen in die Überlegungen einbeziehen. Eine Kommission soll die Frage klären, welche Schulstandorte in welchem Stadtteil benötigt werden. Um langfristig nutzbar zu sein, soll jeder Standort laut Kurz mindestens dreizügig sein. Diese komplexe Frage sei in der ursprünglich angedachten kurzen Zeit nicht zu beantworten.
Bei den Stadträten traf das auf große Zustimmung. „Es ist uns ein Anliegen, dass die Akteure vor Ort einbezogen werden“, sagte Birgit Sandner-Schmitt (FDP) und verwies auf die „wichtige soziale Integrationsfunktion“ der betroffenen Werkrealschulen für die Stadtteile. „Dieses Thema bedarf eines Dialogs“, sagte auch die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Rebekka Schmitt-Illert. „Auf Grundlage der Schülerzahlen ist das Bestreben der Stadt durchaus nachvollziehbar“, erklärte der SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Fulst-Blei. Auch er machte jedoch auf den Anspruch der Stadt aufmerksam, die Bürger angemessen zu beteiligen. Auf Zustimmung traf die Vertagung auch bei den Grünen. Stadtrat Dirk Grunert machte aber gleichzeitig deutlich, dass er Handlungsbedarf sieht: „Mein Wunsch ist, dass der Gemeinderat Mut und Kraft findet, den Prozess der Schulentwicklung voranzutreiben und schmerzhafte Entscheidungen zu treffen. Ohne diese Entscheidungen wird es nicht gehen.“
Schwierige Beschlüsse stehen Verwaltung und Stadträten wohl in der Tat bevor, wenn sie die Zukunft schwächelnder Standorte klären sollen. In den Schulen werden sie auf selbstbewusste Kollegien treffen. „Der Zusammenhalt ist bei uns groß“, sagt etwa Simon Bartl-Zuba, Lehrer an der Pestalozzischule, „wir sehen unser Potenzial, die Schwetzingerstadt braucht diese Schule“. Auch an der Friedrich-Ebert-Schule auf dem Waldhof wird auf die Bedeutung für den Stadtteil verwiesen.
Ob eine Umwandlung in die neue Gemeinschaftsschule eine Perspektive wäre, auch darüber werden die Meinungen wohl auseinandergehen. Der Oberbürgermeister sagte gestern, diese Schulform dürfe nicht zum Rettungsanker für schwächelnde Werkrealschulen werden – damit sie am Ende nicht etwa als bloße „Restschule“ neben dem Gymnasium dasteht