Zu den Haushaltsberatungen zum Übergangshaushalt 2022 lag vereinbarungsgemäß nur eine übersichtliche Zahl von Anträgen der Fraktionen vor mit einer moderaten Ausweitung des Haushalts um rund 3 Millionen in der mittelfristigen Finanzplanung, oft zu Recht begründet mit einem Ausgleich für pandemiebedingte Defizite. Wir gönnen jedem die erhaltene Erhöhung. Unsere grundsätzliche Kritik richtet sich an den Gemeinderat, der Zuschusserhöhungen beschließt, ohne dass eine fachliche Vorberatung stattgefunden hätte, meist sogar ohne dass ein Konzept oder ein Nachweis des erhöhten Bedarfs vorliegt frei nach dem Motto, wer am lautesten ruft gewinnt. Das ist für uns nicht fair.
Erwartungsgemäß haben unsere Vorschläge zur Verbesserung der Haushaltslage keine Mehrheit gefunden, wie ein Aussetzen des Bodenfons und Verwendung dieser Millionen für eine moderne Infrastruktur. Das ist schade. Gut, dass wir eine erneute Erhöhung der Parkgebühren erst einmal verhindern konnten. Leider ist dieser Vorstoß jedoch nur verschoben bis zum nächsten Jahr.
Annahmen zu optimistisch, Projekte nicht ausfinanziert
Unsere in unserer Haushaltsrede ausführlich begründete Entscheidung schon am von der Verwaltung vorgelegten Haushaltsentwurf ist allerdings grundsätzlicherer Natur:
- Die Grundannahmen des Haushalts sind sowohl bei den erwarteten Steuereinnahmen der kommenden Jahre als auch bei der Entwicklung der Arbeitslosigkeit und damit des Sozialaufwandes unrealistisch optimistisch angesetzt.
- Viele der begonnenen Projekte sind nicht komplett ausfinanziert
- Bereits bekannte Defizite der städtischen Töchter finden sich nicht im Haushalt wieder, allen voran das bekannte jährliche Defizit des Klinikums von mindestens 30 Millionen Euro, wahrscheinlich noch deutlich mehr. Ein Unding, dass hier null komma null haushalterische Vorsorge getroffen ist.
Umso unverständlicher, dass die Verwaltung trotz aller genannten Haushaltskosmetik sehenden Auges die Liquidität mit 22 Millionen Euro ins Minus laufen lässt. Damit verfehlt der OB sein eigenes Leistungsziel „Die Mindestliquidität der Stadt ist jederzeit gesichert“ krachend und mit Ansage. Das ist nicht verantwortbar.
Ablehnung des Haushalts
Ein Ignorieren der enormen Haushaltsrisiken und ein reines „Weiter so“ ist keine angemessene Reaktion auf die aktuelle Krisensituation. Daher haben wir diesen Haushalt 2022 abgelehnt.
Wir hätten uns einen vorsichtigeren Haushalt gewünscht und eine stärkere Prioritätensetzung für die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger wie Bildung, Jugend, Digitalisierung und moderne, gut gepflegte Infrastruktur. Gerade in Zeiten knapper Kassen muss dafür dann eben das ein oder andere Prestigeprojekt wie die Multihalle, für die noch immer kein Nutzungskonzept vorliegt, oder der teuerste Radweg Deutschland zeitlich verschoben, kostengünstiger umgesetzt oder auch ganz gestrichen werden.