Der Weihnachtsfrieden wird erhalten, das übliche laute Rasseln mit den Argumentationsketten bleibt aus: Der Handel zieht zurück, die Branche will nun doch keinen Antrag auf einen zweiten verkaufsoffenen Sonntag 2010 stellen. Eine einigermaßen überraschende Wendung in der „Sonntagsfrage“, die sich nur so erklären lässt: Die klare Mehrheit im Gemeinderat hätte ohnehin Nein gesagt zu zwei Ladenöffnungen.
Vor fast vier Jahren hatte es in der Stadt die letzten schweren Auseinandersetzungen um den offenen Sonntag gegeben. Damals forderte der Handel zwei Sonntagsöffnungen, doch in der Stadt regte sich ein fast schon wütender Widerstand gegen diesen Wunsch. Kirchen und Gewerkschaften riefen zum „Nein“ auf, und als man im Gemeinderat dann die „Gretchenfrage“ stellte, bekam der Handel eine eindeutige Abfuhr. Im Jahr darauf, zum Stadtjubiläum, öffnete die Politik dann ihr Herz, man stimmte dem zweiten Sonntag zu – ausnahmsweise, wie es damals ausdrücklich hieß.
Noch jung im Amt ging Manfred Schnabel, der neue Mann auf dem Präsidentenstuhl des Einzelhandelsverbands, dann im September mit frischem Elan das Thema an, man werde – außer dem traditionellen Marktmeilen-Sonntag im Oktober – auch noch eine Verkaufsöffnung am 9. Mai 2010 beantragen, kündigte er an. Der Anlass, den das Gesetz ja verlangt, sollte ein Spiel der Eishockey WM in der SAP Arena sein.
Das freilich hätte nur der FDP und der ML als Grund gereicht, wie eine Blitz-Umfrage des „MM“ zeigt: Als ML hätte man wohl zugestimmt, erklärt Stadtrat Rolf Dieter. Für den Liberalen Beisel muss die Stadt ihren ersten Platz als Handelsmetropole verteidigen, wenn der Handel wolle, stimme man zu – „von der zweiten Sonntagsöffnung würde das christliche Abendland nicht untergehen.“
Im Stadtparlament freilich hätten ihre Stimmen nicht für eine Mehrheit gereicht: SPD, Grüne und CDU lehnen einen zweiten verkaufsoffenen Sonntag rundweg ab. Der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Dr. Stefan Fulst-Blei, sieht die Menschen, die im Handel arbeiten, ohnehin „bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit getrieben“, Mathias Meder schiebt hier den Riegel ebenfalls vor, er will „einen Tag in der Woche für Familie, Regeneration und Besinnung erhalten“. Ein klares Nein zum zweiten Sonntag auch von den Christdemokraten – und Carsten Südmersen, ihr Fraktionschef, geht noch weiter: „Wir werden in der Metropolregion auf eine einheitliche Regelung drängen, es kann nicht sein, dass andere im Umland x-mal sonntags die Läden aufmachen.“
Die offizielle Begründung des Verbands für den Rückzieher liefert Dr. Oliver Seifert, der Geschäftsführer nach: „Wir haben uns in Gesprächen mit dem Oberbürgermeister und gesellschaftlich relevanten Gruppen gemeinsam entschieden, nur eine Sonntagsöffnung für 2010 zu beantragen.“ Und überhaupt: Ob sich der Handel viele Freunde gemacht hätte mit seinem Wunschtermin? Der 9. Mai 2010 ist Muttertag.