Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen fordert die Parteien auf, mehr Kandidaten anzubieten, die auch wahrgenommen werden.
Mannheim hat mit 37,9 Prozent die zweitschlechteste Beteiligung bei Kommunalwahlen in seiner Geschichte. Woran liegt es, dass so wenig Menschen mitmachen?
Matthias Jung: Die Menschen – und da vor allem die jüngeren – machen ihre Wahlteilnahme immer stärker davon abhängig, ob es nach ihrer Meinung dabei um etwas Wichtiges geht. Die Kommunal- und die Europawahl rangiert dabei aber im Urteil der Wähler ganz unten. Eigentlich wird nur die Bundestagswahl als eine wirklich wichtige Wahl wahrgenommen.
Was müssten die Stadtpolitiker tun, damit sich die Menschen für die Geschehnisse vor Ort mehr interessieren?
Jung: Die Parteien müssen wieder mehr Kandidaten anbieten, die auch als politisch markante Köpfe wahrgenommen werden. Damit könnte der Vorteil der kommunalen Politik wieder stärker zum Tragen gebracht werden, dass man bei konkreten Fragen unmittelbar beurteilen kann, wer sich für ein konkretes Ziel nicht nur in Wahlkampfzeiten engagiert.
Haben die Themen gefehlt oder wurden sie nur schlecht verkauft?
Jung: Wir haben in der Mannheimer Kommunalpolitik nur sehr wenige wichtige Themen, die zwischen den Parteien heftig umstritten sind. Das war nur beim Großkraftwerk so. Hier haben die Grünen Punkte machen können. Während sich die Befürworter bei den anderen Parteien gefunden haben.
Warum ist die CDU in Mannheim so sehr eingebrochen?
Jung: Ihr starkes Abschneiden bei der Kommunalwahl 2004 war nicht primär das Ergebnis einer lokalen Stärke, sondern der hohen Unzufriedenheit mit der rot-grünen Bundesregierung. Hinzu kommt, dass sich die CDU in Mannheim nicht gerade durch eine große Geschlossenheit ausgezeichnet hat.
Warum konnte die SPD nicht profitieren?
Jung: Auch der SPD fehlen besonders profilierte Kommunalpolitiker. Es gab ebenfalls eine Menge an personellen Querelen.
Wie erklären Sie sich das gute Ergebnis der FDP und das magere Resultat der Mannheimer Liste?
Jung: Da die Kommunalwahl wenig durch die lokale Agenda beeinflusst wurde, konnte die FDP als kleinere bürgerliche Partei davon mehr profitieren als die ML, die nur im Lokalen agieren kann. In den letzten Jahren gelang es der ML nur unzureichend, thematisch ein eigenständiges Profil zu entwickeln. Etwas mehr sichtbare Modernität auf der Kandidatenliste wäre ebenfalls hilfreich.