Bundespräsident: Politiker aus dem Gemeinderat loben Nominierung / Mehrere Mannheimer wählen mit
Von unserem Redaktionsmitglied Heiko Brohm – Mannheimer Morgen 21.02.2012
Sie haben die Kandidatenkür genauso mitverfolgt wie viele andere Deutschen auch: spät abends vor dem Fernseher oder eher zufällig während einer Autofahrt im Radio. Und das Votum von Mannheims Politikern zur Nominierung von Joachim Gauck fällt ebenfalls so aus, wie man es bei einem überparteilichen Kandidaten erwartet: ein wenig staatstragend und ungewohnt einhellig – mit einer Ausnahme.
War das ein Sieg für die FDP und eine große Niederlage für Angela Merkels CDU? Zu dieser Frage will am Tag nach der Vorstellung von Gauck keiner der Kommunalpolitiker viel sagen. „Die Nominierung von Joachim Gauck ist in dieser Situation das beste“, findet Claudius Kranz, Kreisvorsitzender der CDU. Natürlich könne man nun darüber mutmaßen, ob hier der Schwanz mit dem Hund gewedelt habe – schließlich setzte sich die FDP gegen die CDU durch. „Aber es zeugt doch von persönlicher Größe, dass Kanzlerin Merkel über den eigenen Schatten gesprungen ist.“ Schließlich habe sie eine parteiübergreifende Lösung ja selbst ins Spiel gebracht. Zudem hätten weite Teile der CDU-Anhänger auch vor zwei Jahren schon Gauck als einen interessanten Kandidaten gesehen, darum sei seine Nominierung nun ein „logischer und sinnvoller Schritt“. Hätte Merkel auf ihrem Nein beharrt und hätte die CDU dann einen eigenen Kandidaten aufgestellt, „dann hätte das der Politik, dem Amt und der CDU am Ende mehr geschadet“, so Kranz.
„Hätten uns eine Frau gewünscht“
Da gibt es von Ralf Eisenhauer, Fraktionschef der SPD im Gemeinderat, keinen Widerspruch. Er empfinde gar keine Genugtuung, dass nun mit Joachim Gauck wohl doch noch der Mann Bundespräsident wird, den SPD und Grüne schon 2010 vorgeschlagen hatten. „Am Ende ist doch wichtig, dass wir unabhängig von politischer Taktik einen sehr guten, parteiübergreifenden Kandidaten haben.“ Er freue sich darum sehr über die Entscheidung aus Berlin. Von einem Bundespräsidenten Joachim Gauck erwartet sich Eisenhauer durchaus Widerspruch, „auch für die SPD und alle anderen Parteien“. Denn das sei eben der Vorteil eines unabhängigen Mannes im höchsten Staatsamt. Und er hofft, dass Gauck bei der Weiterentwicklung der repräsentativen Demokratie helfe.
Natürlich, auch Gabriele Thirion-Brenneisen ist zufrieden mit der Entscheidung, nur ein Wunsch, der bleibt unerfüllt: „Wir hätten uns gefreut, wenn es mal eine Frau geworden wäre.“ Davon abgesehen aber hält auch sie Gauck für den Richtigen. Überdies sei es ein gutes Zeichen, „dass sich die Politik auch noch einigen kann, wenn es mal brenzlig wird“. Niemand wolle das Amt des Bundespräsidenten beschädigen, die Verständigung über Parteigrenzen hält sie darum für dringend nötig – „was wäre denn die Alternative gewesen?“
Freude ja – aber Grund zum Siegerjubel will Birgit Reinemund partout nicht sehen. Die FDP-Bundestagsabgeordnete findet Gauck einfach einen „hervorragenden Kandidaten“. Und das Kräftemessen zwischen CDU und FDP? „Als eine Machtprobe würde ich das gar nicht bezeichnen“, sagt Reinemund. „Wir als FDP haben uns klar positioniert, nachdem Angela Merkel den Weg zu einem Konsenskandidaten vorgegeben hatte.“ Joachim Gaucks Kernthema, das sei eben die Freiheit, „und das liegt uns ja auch nicht fern“.
Kritik von den Linken
Kritik an der Nominierung gibt es nur von einer im Bundestag und im Mannheimer Gemeinderat vertretenen Partei, von der Linken. Er halte Gauck nicht für geeignet, sagt Stadtrat Thomas Trüper. Nicht wegen seiner Arbeit in der Stasi-Unterlagenbehörde, „sondern wegen seiner sehr konservativen Einstellung“.
Bei der Wahl von Joachim Gauck durch die Bundesversammlung werden auch mehrere Mannheimer dabei sein: Auf jeden Fall geben die fünf Bundestagsabgeordneten Egon Jüttner (CDU), Stefan Rebmann (SPD), Gerhard Schick (Grüne), Birgit Reinemund (FDP) und Michael Schlecht (Linke) ihre Stimme ab. Zudem können die Parteien im Land weitere Wahlmänner und -frauen berufen.