Mannheim: Aufmarsch der NPD hält Neckarau lang in Atem / Mannheimer blockieren Aufmarsch
Von unserem Redaktionsmitglied Martin Tangl- Mannheimer Morgen, 02. Mai 2012
Um 18 Uhr traten die Neo-Nazis endgültig den Rückzug an. Die Mannheimer hatten ihnen massiv den Demonstrationsweg in der Neckarauer Rheingoldstraße versperrt und unmissverständlich deutlich gemacht, dass die NPD mit ihren dumpfen Parolen in der Stadt nicht erwünscht ist. Als die rechtsextreme Partei zuvor am Marktplatz eine Kundgebung abhalten wollte, läutete die Glocken von St. Jakobus und der Matthäuskirche, erklang laute Musik aus einem Nachbarhaus – und übertönte so die Ansprachen, die erschreckend an Nazi-Deutschland von 1933 bis 1945 erinnerten.
Ein breites Bündnis hat sich auch diesmal am 1. Mai der NPD in den Weg gestellt. Polizei-Einsatzleiter Thomas Köber stellte gegen 17.25 Uhr schließlich fest, „dass es definitiv unmöglich ist, dort auf der Rheingoldstraße weiter zu kommen“. Räumen kam nicht infrage, rund 2300 Beamte hatten seit dem frühen Morgen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gesichert, rechtlich begründet durch einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg. Der VGH hatte am Morgen das Verbot der Stadt Mannheim aufgehoben.
Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) stand trotzdem ganz vorne, als die Neo-Nazis an der Mathäuskirche nicht mehr weiter konnten. Mitten im Sperrriegel aus rund 3500 Menschen auch die Bundestagsabgeordneten Stefan Rebmann (SPD), Gerhard Schick (Grüne) und Michael Schlecht (Linke). Zuvor hatte sich auch Birgit Reinemund (FDP) an der Protestfront solidarisch gezeigt, dazu die Landtagsabgeordneten Helen Heberer und Dr. Stefan Fulst-Blei (beide SPD) mit ihrem Kreisvorsitzenden und Roche-Betriebsratschef Wolfgang Katzmarek. Auch zahlreiche Stadträte sowie Vertreter vieler Organisationen und Einrichtungen blockierten den Aufmarsch von knapp 300 Männern und Frauen der rechten Szene.
„Ihr könnt nach Hause fahr’n“, forderten die Gegendemonstranten die NPDler auf, die sich schließlich nach längeren Verhandlungen mit der Einsatzleitung eskortiert von der Polizei zum Bahnhof Neckarau zurückzogen und dort per Zug die Heimfahrt antraten. Dabei kam es zum Schluss zu kleineren Rangeleien mit der Polizei und Böllerschüssen am Bahnhof. Doch auch hier schritten die Beamten konsequent ein. Das Anti-Konflikt-Team der Ordnungshüter konnte ebenfalls immer wieder vermitteln.
Keine Plattform für Rechtsradikale
OB Peter Kurz zeigte sich zufrieden, „dass auch diesmal alte und neue Nazis in Mannheim keine Plattform bekommen haben“. Für ihn sei der NPD-Aufmarsch „eine echte Provokation“, denn die Rechtsradikalen wüssten doch genau, dass sie in Mannheim keine Basis haben, dass sich das politische Spektrum, die Gewerkschaften, die Kirchen, viele Organisationen und Bürger den rechtsradikalen Umtrieben entgegenstellen. Kurz zeigte sich am Ende des Tages zufrieden: „Für mich ist das Signal der Mannheimer wichtig, dass wir eine tolerante, weltoffene und demokratische Stadt sind.“
Schon am Vormittag war am Neckarauer Bahnhof auf der Neckarauer Straße kein Durchkommen, Auto und Stadtbahnverkehr unterbrochen, die Polizei seit 6 Uhr in Position. Dabei kam es am Morgen zu einem Unfall an der Bahnlinie, als der Luftzug eines durchfahrenden Zugs ein Sperrgitter auf drei Polizistinnen katapultierte. Ein Unterarmbruch, Rippenprellungen sowie eine Kopfverletzung mussten im Krankenhaus behandelt werden. Zwei Frauen konnten bis zu Abend die Klinik jedoch wieder verlassen.
Bis sich der NPD-Demonstrationszug auf dem hermetisch abgeriegelten Weg durch Neckarau gegen 16 Uhr in Bewegung setzte, hatten die Einsatzkräfte unter der heißen Sonne auszuharren. Die Anfahrt der Rechtsradikalen von einer Kundgebung in Speyer gestaltete sich kompliziert, da die Polizei mögliche gewaltsame Konfrontationen mit Antifa-Kräften im Zug verhindern wollte und so einen geheimen Umweg nach Mannheim angeordnet hatte.