Block 9: Agenda-21-Verbände warnen vor „dauerhaften Verlusten“ für MVV Energie AG und Stadt Mannheim
Mannheimer Morgen – 02.06.2012 – von unserem Redaktionsmitglied Thorsten Langscheid
Soll sich die MVV Energie AG von ihren Anteilen am Großkraftwerk trennen, um einem finanziellen Debakel beim Bau des umstrittenen Block 9 zu entgehen? Dies fordert das Umweltforum, ein Zusammenschluss der Mannheimer Umweltverbände, in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz und die 48 Mitglieder des Gemeinderats. Geschäftsführer Oliver Decken vom Umweltforum spricht im Zusammenhang mit den Qualitätsmängeln und Bauverzögerungen bei Block 9 (wir berichteten) von „riskanten Kohlegeschäften“ und warnt davor, dass sich der mit 1,2 Milliarden Euro kalkulierte neue Steinkohleblock zum „dauerhaften Verlustbringer“ für die MVV und damit die Stadt Mannheim entwickeln könnte.
Forderung „völlig abwegig!“
„Diese Forderungen sind völlig abwegig!“, reagierte der Chef der CDU-Fraktion im Gemeinderat, Carsten Südmersen, auf das Schreiben. Um die Energiewende zu schaffen, würden Kohle und Gas auch weiterhin zur Sicherstellung der Energieversorgung benötigt. Außerdem könne von einem Investitionsrisiko „überhaupt keine Rede sein“, da der Bau des neuen Kraftwerks vertraglich bereits abgesichert sei. Die FDP, so deren Fraktionschef Volker Beisel, stehe „glasklar“ hinter dem Projekt. „Mannheim und die gesamte Region brauchen Block 9 dringend.“ Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Ralf Eisenhauer, fügt hinzu: „Wir haben das Projekt politisch unterstützt und sehen weiterhin eine wirtschaftliche Perspektive“. Und Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD), der sich ebenfalls für den Bau des Block 9 starkgemacht hat, erklärt: „Die Forderung entbehrt jeder rechtlichen Grundlage.“ Außerdem gebe es für einen Rückzug der MVV aus dem GKM wirtschaftlich keinen Anlass. Kurz: „Gerade die letzten Monate haben gezeigt, dass auf das GKM nicht verzichtet werden kann.“
„Kein erhöhtes Risiko“
Auch das GKM selbst bestreitet ein erhöhtes finanzielles Risiko. GKM-Sprecher Thomas Schmidt sagt dazu: „Insbesondere die aktuellen Warnungen der Bundesnetzagentur vor Versorgungsengpässen sowie die Inanspruchnahme der Kaltreserve von Block 3 im letzten Winter lassen keine vernünftigen Zweifel zu, dass Block 9 unverändert notwendig und sinnvoll ist.“ Dass das Kraftwerk später ans Netz gehe, könne bei tendenziell steigenden Strompreisen sogar finanzielle Vorteile bringen.
Eine Rechnung, die Grünen-Stadtrat und Landtagsabgeordneter Wolfgang Raufelder so nicht nachvollziehen mag: „Bei der Einspeisung ins Stromnetz gehen die erneuerbaren Energien vor. Je weiter wir mit dem Ausbau vorankommen, desto größer ist für Block 9 das Risiko, gar keinen oder deutlich weniger Strom einspeisen zu dürfen.“
Obgleich die Grünen dem vom Umweltforum vorgeschlagenen Verkauf der GKM-Aktien nicht ohne weiteres zustimmen wollen, halten sie das Szenario des Umweltforums für „hilfreich“. Raufelder: „Wir müssen uns als Stadt mit diesen Fragen beschäftigen. Dazu gehört auch ein Ausstiegsszenario!“