Kommunalpolitik: Gemeinderat wählt heute aller Voraussicht zwei Bürgermeister: Lothar Quast und Felicitas Kubala
Mannheimer Morgen, 09.10.2012 – Von unserem Redaktionsmitglied Martin Tangl
„Auf der Kommandobrücke des Herrn Oberbürgermeister tauchen immer neue Gesichter auf“, kritisierte gestern FDP-Fraktionschef Volker Beisel. „Doch die Stadt ist kein Selbstbedienungsladen“, schimpfte Holger Schmid, Vorsitzender der Mannheimer Liste (ML), vor der Presse. Im Visier der beiden stand erneut der seit Monaten umstrittene fünfte Bürgermeister und die geschätzten Kosten des zusätzlichen Amtes: rund 630 000 Euro jährlich.
Der Gemeinderat wählt ab 15 Uhr heute zwei Dezernenten. Während die Wiederwahl für die vierte Amtszeit von Lothar Quast (SPD, 57) zum Beigeordneten für Planung, Bauen, Verkehr und Sport als unproblematisch gilt, hat die Kandidatur der Grünen Politikerin Felicitas Kubala (56) im Vorfeld für viele Schlagzeilen und heftige Diskussionen gesorgt. Trotzdem wird sie heute von einer Mehrheit aus SPD, CDU und Grünen aller Voraussicht nach zur Bürgermeisterin für Bürgerservice, Umwelt und technische Betriebe gewählt. Die Amtszeit beträgt für beide acht Jahre und beginnt am 1. Januar 2013.
Als Gegenkandidat zu Quast hat sich der Architekt Dirk Wolfgang Jordan beworben. Bei der Ausschreibung für Dezernat V sind neben Felicitas Kubala die Bewerbungen von Albert Toplanaj, Dr. Jürgen Topp und Volkan Agabey eingegangen.
Nachdem der Gemeinderat 2007 nach der Wahl von Dr. Peter Kurz zum Oberbürgermeister einhellig den fünften Dezernenten abgeschafft hatte, haben SPD, CDU und Grüne den Posten Ende Juni wieder installiert. Das brachte Mannheim unter anderem die Kritik des Steuerzahlerbundes ein: „Überflüssiges Dezernat!“ Auch im „MM“-Bürgerbarometer lehnten 62 Prozent der Mannheimer den zusätzlichen Chef-Posten im Rathaus ab. Geschätzte Personalkosten: 530 000 Euro für Büro und Fahrer, dazu rund 100 000 Euro an Sachkosten.
FDP und Junge Liberale wollen heute vor der Sitzung im Stadthaus N 1 ihren Protest gegen das neue Dezernat deutlich machen. So soll das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes vor dem Ratssaal verteilt werden. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz bekundeten FDP und Mannheimer Liste (ML) am Montag erneut ihren Widerstand gegen „das Postengeschachere“. „Der Oberbürgermeister wollte doch die schlankste und modernste Verwaltung“, erinnerte Beisel an den Change2-Prozess. Doch mit dem fünften Bürgermeister vollführe Peter Kurz nun „eine Rolle rückwärts“ und lege eine „glatte Bauchlandung“ hin. Und: Die Dezernentenbank sei schließlich „keine Ziehharmonika“, die man je nach Wahlergebnis aufblähen könne. Denn da sind sich ML und FDP einig: Den Grünen steht ein Bürgermeisterposten nach der Gemeindeordnung Baden-Württemberg (Paragraf 50,2) zu. Aber dann hätten eben SPD oder CDU auf einen ihrer Dezernenten verzichten müssen.
ML-Fraktionschef Dr. Achim Weizel warf SPD, CDU und Grünen in diesem Zusammenhang „politischen Opportunismus“ vor. „Die SPD hätte das Quast-Dezernat verloren, oder die CDU einen ihren Bürgermeister“, so der Stadtrat. Also dann lieber einen Extra-Posten schaffen? SPD, CDU und Grüne begründen das im Gegenzug mit der Ausweitung der Aufgabenfelder wie Konversion oder Integration. „Für die Konversion haben wir doch Herrn Hummel als Sonder-Dezernenten“, konterte Beisel. Und der sei auch noch am Gemeinderat vorbei von Kurz eingestellt worden. Die heutige Gemeinderatssitzung verspricht spannend zu werden.