Sondernutzungsgebühr: Stadt verschickt 26 fehlerhafte Rechnungen / Streit um Erhöhung flammt erneut auf
Von unserem Redaktionsmitglied Roger Scholl / © Mannheimer Morgen, Donnerstag, 11.07.2013
Was war das für ein Bohei um die Erhöhung der Sondernutzungsgebühren, was hat man sich gestritten um die 15 Prozent, CDU, FDP und ML liefen – zusammen mit der Industrie- und Handelskammer und dem Bund der Selbstständigen – Sturm gegen das Gebühren-Plus, und am Ende beschloss der Gemeinderat doch anders. Erhöhung mit Ausnahme – in einer sogenannten „Baustellen-Zone“ (grob gesagt die Innenstadt-Quadrate von U 1 bis O 7) sollten Händler, Gastronomen und Baufirmen eben nicht tiefer in die Tasche greifen, wenn sie öffentlichen Straßenraum für Außenbestuhlung, Warenständer oder Gerüste nutzen. Begründung: Die seien dort ohnehin schon geplagt genug mit den vielen Baustellen. Auch damit war keiner der Gegner zu besänftigen, „Ungleichbehandlung“ lautete der Vorwurf, in den Stadtteilen werde ja beispielsweise auch gebaut. Jetzt läuft den Kritikern Wasser auf ihre Mühlen, denn die Verwaltung hat wohl fehlerhafte Gebührenbescheide verschickt – ausgerechnet in die „Baustellen-Zone“.
Zumindest ein Fall ist dem „MM“ namentlich bekannt: Florian Kußmann, FDP-Kreis-Chef und Café-Betreiber, hat eine solche falsche Abrechnung bekommen, 98 Euro mehr sollte er zahlen für seine 15 Quadratmeter große Außenterrasse in T 6, 19, forderte ihn der Fachbereich Bauverwaltung auf. „Glücklicherweise hatte ich von der Ausnahme-Zone in Ihrer Zeitung gelesen, sonst hätte ich das Geld gleich überwiesen.“ Kußmann ruft also an bei der Verwaltung, „eine sehr freundliche Dame, sie hat mir gesagt, ich sei mit meinem Café doch gar nicht in der Baustellen-Zone drin“, dann habe sich die Mitarbeiterin aber nochmal schlau gemacht: „Sie hat gesagt, dass ich recht hätte, ich solle den Bescheid einfach ignorieren.“ Geärgert habe er sich dennoch ein wenig: „Was ist mit denen, die das nicht bemerkt und einfach bezahlt haben?“
Seine Partei hat den Fall ihres Vorsitzenden sofort aufgegriffen, in einem Antrag an den Gemeinderat verlangt sie volle Aufklärung in der Sache. Die Liberalen wollen darin wissen, wie viele Händler oder Gastronomen solche fehlerhaften Bescheide bekommen haben, wie viele davon den falschen Betrag bereits beglichen haben – und sie verlangen von der Verwaltung, die Gebührenrechnungen sofort zu widerrufen und zu Unrecht gezahltes Geld sofort zurückzuerstatten. FDP-Stadtrat Volker Beisel: „Die Verwaltung hat uns in der jüngsten Ausschusssitzung eine schriftliche Beantwortung angekündigt.“
„Bürokratischer Wahnsinn“
Auf die sei man gespannt: „Ausnahmezone – so ein bürokratischer Wahnsinn, das musste ja in die Hose gehen“, mutmaßt Beisel. Seine Partei bleibe im Übrigen dabei: „Die Ausnahmeregelung ist ebenso unsinnig wie die Gebührenerhöhung insgesamt, da fehlt uns einfach das Fingerspitzengefühl angesichts der derzeit schwierigen Situation in der Innenstadt und der ohnehin hohen Belastung der Wirtschaft.“
26 von rund 800 Bescheiden sind nach Auskunft der Stadt als „Irrläufer“ versendet worden, allen 19, die den zu Unrecht geforderten Betrag bereits gezahlt hätten, habe man die Summe schon im Juni zurückerstattet. Sämtliche Betroffenen habe man umgehend nach Bekanntwerden des Fehlers angeschrieben, Inhalt der Briefe: Tut uns leid, Bescheid als nichtig betrachten – und wegwerfen.