Von unserem Redaktionsmitglied Heiko Brohm / © Mannheimer Morgen, Donnerstag, 15.08.2013
Wer nichts vom Bundestagswahlkampf mitbekommen möchte, der muss in der Stadt die Augen schließen: Seit dem vergangenen Wochenende hängen die Parteien ihre Plakate auf. Insgesamt werden es deutlich über 12 000 sein, dazu noch rund 150 große Stellwände. Und dann natürlich das übliche Wahlkampfprogramm: Infostände, Handzettel – und wie in den USA erstmals auch Hausbesuche.
Mitten in der Nacht sind die ersten Plakatierer losgezogen. Seit Samstag, 0 Uhr, dürfen die Parteien ihre Werbung aufhängen, und traditionell beginnen die Teams zu nachtschlafender Zeit, es geht schließlich um die besten Plätze.
„Wir haben ungefähr 20 Leute im Einsatz“, sagt Volker Beisel, der das Büro der Bundestagsabgeordneten und Kandidatin Birgit Reinemund (FPD) leitet. „Die arbeiten sich jetzt Stadtteil für Stadtteil vor, das geht ja natürlich nicht alles auf einmal.“ Die meisten Parteien setzen vor der Bundestagswahl auf ihre eigenen Mitglieder als Plakatierer. Allein die Grünen lassen ihre Plakate dieses Mal von einer Firma aufhängen.
Plakate sind innen hohl
Auch wenn sich die Botschaften manchmal ähnlich sind, zumindest das Trägermaterial unterscheidet sich. So setzen viele Parteien seit einiger Zeit auf Hohlkammerplakate, das sind Kunststoffträger, auf die Bild und Text direkt aufgedruckt werden. Vorteil: Die Botschaften sind wetterfest und sie sparen den Parteien Arbeit, weil das Kleben wegfällt. SPD und die Grünen dagegen gehen weiterhin den traditionellen Weg und kleben die Plakate auf Holzträger, die dann aufgehängt werden.
Auffällig ist dieses Jahr, wie die Botschaften hängen. Immer mehr Parteien positionieren ihre Schilder weit aufwärts an Pfosten und Laternenmasten. Dabei geht es gar nicht um verbesserte Sichtbarkeit, sondern um Schutz vor Vandalismus, bestätigen die Wahlkampfmanager.
In einem Gespräch bei der Mannheimer Stadtreklame haben sich die Parteien zudem auf die Verteilung der 150 Standorte für Großplakate verständigt. Mehrere Stunden habe es gedauert, „aber irgendwann waren sich alle einig“, sagt Reinhard Becker, Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft. Für die normale Wahlwerbung gelten laut Becker die üblichen Regeln – Bäume und Ampeln sind demnach als Plakatträger grundsätzlich tabu.
Neben lächelnden Kandidaten und knappen Slogans setzen die Parteien auch auf andere Mittel. Das sind einmal Veranstaltungen mit Polit-Prominenz. Die ganz großen Marktplatzreden sind allerdings nicht geplant. Grüne, FDP, SPD und Linke begrüßen jeweils Bundes- und Landesvorsitzende oder -minister in Mannheim, die CDU verwies auf den Besuch von Kanzlerin Merkel gestern Abend in Ludwigshafen.
Obama lässt grüßen
Dazu kommen Infostände, auf sie möchte von CDU bis Piraten keine Partei verzichten. Hier geht es darum, dem Wähler direkt ins Gesicht zu sehen. Um das tun zu können, setzen SPD und Grüne jetzt auf ein neues Mittel. „So neu ist es ja gar nicht, früher war das üblich“, sagt Andreas Lindemann aus dem Büro von Stefan Rebmann (SPD). Es geht um den Wahlkampf an der Haustür – jetzt wieder aus den USA importiert, Obama lässt grüßen. Im OB-Wahlkampf von Frank Mentrup in Karlsruhe habe man damit Erfolg gehabt, sagt Lindemann. Eigens geschulte Zweierteams ziehen von Haustür zu Haustür, um für den eigenen Kandidaten zu werben.
Übrigens: Nach der Bundestagswahl am 22. September bleiben den Parteien sieben Tage Zeit, ihre Plakate wieder abzuhängen. Bis zur nächsten Wahl.
© Mannheimer Morgen, Donnerstag, 15.08.2013