Etatberatungen: Gemeinderat beschließt Doppelhaushalt und Finanzplanung bis 2017 / Zahlenwerk zum Schluss noch abgespeckt
Von unserem Redaktionsmitglied Martin Tangl
Alle herhören: OB Peter Kurz (Mitte) versucht in einer spontan einberufenen Sitzungspause, einen Eklat bei der Schuldebatte zu vermeiden.
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Der Satzungsbeschluss für den Doppelhaushalt 2014/15 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2017 fällt am späten Abend. Selbst eine Redezeitbeschränkung bremst die Debattierfreudigkeit im Gemeinderat nur wenig. Auch die Lust am Geldausgeben zieht sich bei den Etatberatungen durch den Dienstag. Schließlich überziehen die Stadträte mit Spendierhosen und 271 Anträgen das Gesamtpaket bis 2017 um über 14,6 Millionen Euro. Für 2014 sind es knapp 2,7 Millionen, für 2015 3,5 Millionen Euro.
„Fast bei jedem Thema gehen die Gäule durch“, seufzt Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz. Schwierigkeiten macht schließlich die mittelfristige Finanzplanung – und da streicht der Gemeinderat kurz vor 21 Uhr Ausgaben aus dem Zahlenwerk von 1,7 Millionen für 2016 und fast 3,7 Millionen Euro für 2017 für verschiedene Maßnahmen.
Kurz: „Zusammen 5,38 Millionen Euro, damit kommen wir hin. Auch der umstrittene Radweg auf der Bismarckstraße, der gegen den erbitterten Widerstand von CDU, ML und FDP gegen 19 Uhr eine Mehrheit bekommt, wird abgespeckt. Auch bei der neuen Feuerwache, bei der Brüder-Grimm-Schule und bei den Ganztagsschulen wird reduziert. Beim Krippenausbau und bei der Grundsteuer rechnet Kurz mit Mehreinnahmen für 2016 und 2017.
Der Satzungsbeschluss zum Doppelhaushalt 2014/15
Der Haushaltsplan beläuft sich auf einen Gesamtbetrag von über 1,23 Milliarden Euro.
Ergebnishaushalt mit Gesamterträgen von 1,1 Milliarden für 2014 und 1,12 Milliarden Euro für 2015.
Mit Aufwendungen von 1,089 Milliarden Euro für 2014 und 1,09 Millionen Euro für 2015.
Dazu Auszahlungen für Investitionen 102 220 780 Euro und Finanzausgaben von 28 706 000 Euro.
Die Grundsteuer A wird für 2014 und 2015 auf 260 Hebesatzpunkte, die Grundsteuer auf 450 Hebesatzpunkte festgesetzt.
Die Gewerbesteuer liegt bei einem Hebesatz von 430 Punkten. tan
Zur Mittagspause sieht der Oberbürgermeister im Doppelhaushalt die Lage noch entspannt, in der Finanzplanung bis 2017 ist sein Etatentwurf jedoch bereits um 8,1 Millionen Euro überzogen. Kurz mahnt zur Mäßigung. Zwei Stunden später muss er mit Blick auf weitere kostenintensive Entscheidungen warnen: „Wir kommen jetzt an eine Grenze.“
Auslöser sind von den Grünen beantragte zusätzliche 65 000 Euro für 2014 – und dann weitere 200 000 Euro jährlich – für eine zusätzliche PIA-Klasse, die sich um die Ausbildung von Erzieherinnen kümmern soll. Da schimpft auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Carsten Südmersen in Richtung SPD und Grüne, nicht noch mehr Geld draufzusatteln. Der Gemeinderat hat zu diesem Zeitpunkt insgesamt um über 9,3 Millionen Euro überzogen.
Doch auch die CDU setzt überraschend eine Million Euro für eine ebenerdige Querung der B 38 in Käfertal an der vielbefahrenen Kreuzung zwischen Ortsmitte und dem südlichen Stadtteil für 2015 durch. „Auch das wieder ohne Beratung und gegen den fachlichen Rat der Experten“, moniert Kurz. Verkehrstechnisch sei der Übergang an der wichtigen Einfallstraße höchst problematisch. „Hier wird eine wirkliche Verkehrsader abgeschnitten“, kontert Kurz später mit einer Bemerkung den Antrag der CDU gegen den Radweg in der Bismarckstraße.
Schon in der Schul-Debatte am Vormittag schlagen plötzlich die Emotionen hoch. Die Grünen wollen bereits 2014 mit dem Ausbau der Humboldtschule zur Ganztagsschule beginnen. Die SPD signalisiert Zustimmung. Die Stimmung bei Südmersen kocht: „Wenn Sie jetzt Pflöcke einrammen, werden wir uns aus der Schulentwicklungsplanung verabschieden.“ Es könne nicht sein, dass SPD und Grüne hier Bestandssicherung betreiben – und die Kommission später über die Schließung von Werkrealschulen entscheiden müsse. Kurz unterbricht die Sitzung, es kommt zur Rudelbildung der Bildungsexperten. Den Kompromiss verkündet der Oberbürgermeister: Für die Jahre 2016 und 2017 werden Aufbaumittel für eine Ganztagsschule aufgenommen, ohne jedoch eine bestimmte Schule zu nennen. Kurz: „Damit greifen wir der Schulentwicklungskommission nicht vor.“ Zumindest die Hoffnung im Gemeinderat besteht damit, dass künftige Entscheidungen der Stadt „auf einem breiten Konsens stehen“.
Zum Ende der Etatberatungen beschließt der Gemeinderat in großer Einigkeit noch einen muslimischen Gebets- und Waschraum auf dem Hauptfriedhof für 200 000 Euro. Im Schlussspurt genehmigen die Stadträte außerdem eine halbe Million Euro zusätzlich für eine bessere Stadtreinigung. Kurz will dieses Konzept mit Beschäftigungsförderung koppeln.
© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 11.12.2013